Der Gemeine Wurzelschwamm (Heterobasidion annosum) ist eine Pilzart aus der Familie der Bergporlingsverwandten. Als Forstschädling verursacht er in den befallenen Fichten eine Rotfäule. Diese Kernfäule ist ökonomisch sehr bedeutend.
Die Fruchtkörper des Wurzelschwammes können als flache Hüte, halbresupinat oder resupinat (am Substrat anliegend) ausgebildet sein. Die Hüte besitzen eine scharfe Kante (nicht abgerundet) und sind häufig unregelmäßig miteinander verwachsen. Sie erreichen eine Breite von 5 bis 15 Zentimetern und eine Länge von 1 bis 8 Zentimetern (gemessen vom Substrat zur Hutkante); in der Mitte werden sie ein bis zwei Zentimeter dick. Die Färbung reicht von grau über rot bis dunkelbraun; Zuwachskanten sind weiß.
Die runzelige Oberseite ist feinfilzig, verkahlt später jedoch; und kann auch gezont sein. Sie besteht aus einer dünnen schwarzen Kruste, die sich leicht eindrücken lässt. Beim getrockneten Fruchtkörper erscheint sie als dunkle, glänzende Linie; die Trama ist im Gegensatz dazu weißlich bis holzfarben getönt und besitzt eine korkig-zähe, im getrockneten Zustand eine holzige Konsistenz. Sie verfärbt sich mit Melzers Reagenz dunkel rötlichbraun.
Auf der Unterseite befinden sich die Röhren, deren Schichtung recht schlecht erkennbar ist. Die kleinen, rundlichen Poren sind cremeweißlich bis ockergelblich gefärbt. Das Sporenpulver ist weiß.
Die generativen Hyphen sind hyalin. Sie besitzen schnallenlose Septen (Trennwände). Die Skeletthyphen sind ebenfalls hyalin und meist unverzweigt. Sie verfärben sich in Melzers Reagenz oder Lugol weinrot (dextrinoid) und deren Zellwände mit Baumwollblau violett (cyanophil).
Die Basidien sind hyalin, keulig geformt und besitzen keine basale Schnalle; sie bilden jeweils vier Sporen. Diese sind ebenfalls hyalin, breit ellipsoid bis kugelig und messen 4–7 × 3–5 Mikrometer. Sie besitzen eine feinwarzige Oberfläche und eine dünne Außenwand, die sich in Melzers Reagenz leicht verfärben (schwach amyloid).
Wenn keine Fruchtkörper vorhanden sind, lässt sich der Pilz an frischem, feuchtem Holz an den zahlreichen Konidien erkennen, die an den aufgeblähten Hyphenenden gebildet werden.
Der Wurzelschwamm kann in praktisch allen Waldarten gefunden werden. Aufgrund seiner „Vorliebe“ für Fichten ist er in Fichtenforsten besonders häufig. Gelegentlich ist der Pilz auch in Parks, Gärten und ähnlichen Anlagen anzutreffen. An einzeln oder in kleineren Gruppen stehenden Bäumen ist er jedoch selten.
Der Wurzelschwamm lebt parasitisch am Stammgrund, an Wurzeln oder Stümpfen verschiedener Nadel- und Laubbäume. Dabei ruft sein Myzel nacheinander alle Phasen der Holzvermorschung hervor. Die Sporen sind meist zu über 90 Prozent keimfähig. Sie können bei feuchten und kühlen Bedingungen deutlich besser keimen als bei Trockenheit.
Die Fruchtkörper sind mehrjährig und daher das ganze Jahr über zu finden. Das Wachstum und die Sporulation setzen im Süden Deutschlands kurz nach dem Frühlingsanfang ein und halten das ganze Jahr durchgehend an. Dieser Prozess ist weitgehend unabhängig von der Temperatur und wird höchstens durch extrem kalte oder trockene Bedingungen für kurze Zeit unterbrochen. Selbst ein abruptes Einfrieren auf -18 Grad Celsius können die Fruchtkörper und Sporen in feuchtem Milieu überstehen. Die Sporenproduktion verläuft zyklisch, wobei das Maximum um Mitternacht und das Minimum während der Mittagszeit liegt.
Der Wurzelschwamm ist vor allem in der Holarktis verbreitet, wo er vor allem temperat bis boreal auftritt. Er kann aber auch meridional vorkommen. Daneben ist der Pilz in Australien und Neuseeland sowie in Indien, Pakistan und Mittelamerika zu finden.
In der Holarktis ist der Wurzelschwamm weit verbreitet und fehlt offenbar nur in China und Japan, wo stattdessen H. insulare in den küstennahen Gebieten anzutreffen ist. In Nordamerika ist der Pilz in den USA, zusammen mit Alaska, und Kanada verbreitet; in Asien kommt er im nördlichen Teil des Nahen Ostens (Kleinasien, Iran) und im Kaukasus sowie in Sibirien, Zentralasien und im Fernen Osten vor.
In Europa ist der Wurzelschwamm von der Küste des Mittelmeeres und des Atlantiks bis zur Ostgrenze des Kontinentes, dem Ural, weit verbreitet; nach Norden reicht das Gebiet bis zu den Hebriden und in den Norden Fennoskandinaviens. In der letzteren Region ist der Pilz allerdings recht selten. In ganz Mitteleuropa und vor allem in den Nadelwaldgebieten ist er häufig.
In Deutschland ist der Wurzelschwamm überall, auch auf den Inseln, häufig und praktisch lückenlos vertreten. In den Alpen kann der Pilz manchmal bis zur Waldgrenze vordringen.